Gedenkköpfe der Akan . Terracotta . Ghana . 1. H. 20. Jahrh. Schenkung Dr. Frank

Schloss Lichtenwalde

Schatzkammer Schloss Lichtenwalde

Entwicklung eines gestalterischen und inhaltlichen Gesamtkonzeptes für die Schatzkammer. Licht-, Farb- und Visualisierungskonzept. Entwurf und technische Zeichnungen für Vitrinen, Möbel und Einbauten. Modelle, Drehbücher, Museumstexte. Enge Zusammenarbeit mit Handwerksfirmen, Kunsthistorikern und Übersetzern. Aufbau der gesamten Ausstellung.
Auftraggeber: Sächsisches Staatsministerium für Finanzen

Es bedürfte einer speziellen Website, um all die Arbeiten des über vier Jahre währenden Auftrages vorzustellen. Hier sollen nur einige grundlegende Angaben zur gestalterischen Konzeption und Einrichtung der 1000 qm messenden Ausstellungsfläche gemacht werden.

Voigts mit dem Auftraggeber abgestimmten Entwürfe erforderten zahlreiche Baumaßnahmen im Schloss, die unter Verantwortung des SIB Chemnitz durch den beauftragten Architekten und die beteiligten Fachplaner geplant und schließlich durch zahlreiche Baufirmen umgesetzt wurden. Die gesamte Einrichtung der neuen Räume wurde durch Voigt bis ins Detail, d.h. Drehbücher und technische Zeichnungen, entwickelt und durch zahlreiche Firmen (Tischlerei, Schlosserei, Steinmetze, Kunststoffverarbeitung, Vitrinenbau, Lackiererei, Siebdruckerei, Übersetzungsbüro usw.) realisiert.

Mit seinen Mitarbeiterinnen bestückte Voigt die 120 Vitrinen in den 35 Räumen mit insgesamt 1800 Einzelobjekten. Nach den 2006 begonnenen Entwürfen wurde zwischen 2008 und Frühjahr 2010 der gesamte Inhalt der Schatzkammer fertiggestellt, außerdem der Kassenraum, die Lounge in Dachgeschoss und die Garderobe. Grundlage bildeten acht Drehbücher, in denen jede einzelne Vitrine mit kompletter Bestückung dargestellt war. Diese präzise Vorplanung und eine damit verbundene weit entwickelte Logistik erlaubte ein zügiges Arbeiten.

Der kleine Vitrinentyp der Schatzkammer wurde im Rahmen einer von Prof. Voigt betreuten Diplom-Arbeit  von Maria Wilke (Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg) entwickelt und von Voigt lichttechnisch aufgerüstet. Alle übrigen Vitrinen, insbesondere die großen, sowie die verglasten Schautische, wurden incl. Innenbeleuchtung von Jochen Voigt konzipiert, ebenso alle Museumsmöbel wie Kassentresen, Garderobeschränke und Verkaufsvitrinen sowie die Einrichtung des Teepavillons im Schlosshof.
Von allen Räumen des 1. und 2. Stockwerkes wurden vom Atelier Voigt Modelle aus Holz hergestellt und diese dann mit den maßstäblich aus Kunststoff gefertigten Modellvitrinen gefüllt. Diese Herangehensweise erlaubte ein transparentes Vorgehen für alle Beteiligten, weil jeder sofort jeden Raum einsehen konnte. Besprechungen fanden oft direkt vor dem Modell statt.
 

Die historischen Zimmer

Im Hochparterre des Schlosses befinden sich repräsentative Räume, die von der Eigentümerfamilie Vitzthum von Eckstädt bis 1945 bewohnt wurden, bevor es zur Vertreibung kam. Durch Plünderungen ist so gut wie nichts von der letzten Ausstattung übrig geblieben, weshalb insbesondere die Schenkung Brühl viel zur neuen Ausstattung dieser Räume beitragen konnte.
Für die Visualisierung der geplanten Einrichtung wurde sich für im Rechner generierte Wandabwicklungen entschieden, auf denen jedes Möbelstück, jede Vase und jedes Gemälde zu sehen ist. Es handelte sich um das Chinesische Zimmer, den Roten Salon, die Bibliothek (heute Trauzimmer) und das Königszimmer.
 

Das Blau-Weiß-Foyer

Diesen Räumen vorgelagert ist ein Flurbereich, der bis 1945 identitätsstiftende Stücke aus familiengeschichtlicher Überlieferung beherbergte. Leider verloren sich von ihnen jegliche Spuren, so dass nur die leere bauliche Hülle mit Kreuzgewölbe, Originaltüren sowie Schachbrettfußboden aus weißem und grauem Marmor zurückblieb.
Im Zuge der Museumskonzeption schlug Jochen Voigt die Darbietung von ostasiatischem Blau-Weiß-Porzellan vor, da es besonders prädestiniert erschien, den fernöstlichen Kulturkreis zu versinnbildlichen und damit an die Sammelleidenschaft früherer Schlossbesitzer zu erinnern. Ein blau-weißer Rehfußtisch – benannt nach seinen markanten Beinen – fungiert z.B. als Präsentationsfläche für Porzellangefäße. Seine fein profilierte Platte besteht aus Maxener Marmor, stellt also ein Beispiel einheimischer Schmucksteinverarbeitung dar.
 

Der Rote Salon

Der Rote Salon – nach dem Schlossbrand neu entstanden – beherbergte früher zahlreiche Gemälde, vor allem Ahnenporträts, aber auch Möbel und ostasiatische Porzellane. Sein Charakter war der eines Empfangssaales, denn hier wurde auf die weit zurück dokumentierbare Familien- und durchaus erfolgreiche Hausgeschichte verwiesen. Nach Abzug der 1945 einquartierten sowjetischen Besatzungstruppen war von der reichen Zimmerausstattung nichts übrig geblieben. Seit 2008 wird der Rote Salon seinem Namen wieder vollauf gerecht, denn in aufwändiger Rekonstruktionsarbeit entstand die verlorene Wandbespannung aus echter Seide neu. Etwa 30 Gemälde des 17. bis 20. Jahrhunderts aus der Schenkung des Chemnitzer Sammlers Georg Brühl geben dem Raum nun einen Teil seiner einstigen Aura zurück.
Ergänzt wird die neue Ausstattung durch von Jochen Voigt recherchierte historische Möbel, die von den Kunstsammlungen Chemnitz zur Verfügung gestellt wurden. Das Atelier Voigt überwachte und koordinierte die Restaurierung sämtlicher Möbel des Raumes, entwickelte ein Hängungskonzept und platzierte anschließend sämtliche Gemälde an drei Wänden des Salons. Viele Gemälde waren ohne Rahmen bzw. mit unpassenden Rahmen überkommen, weshalb das Atelier Voigt eine Münchner Rahmenbaufirma mit der Ergänzung sämtlicher Rahmen beauftragte. Voigt wählte die stilistisch passenden Rahmen aus und rahmte schließlich mit einer Mitarbeiterin sämtliche Gemälde ein.
 

Das Chinesische Zimmer

Künstlerisches Herzstück des Schlosses ist das Chinesische Zimmer, das trotz einschneidender Umbauten ein hervorragendes Beispiel der Chinamode des 18. Jahrhunderts darstellt. Bauherr Christoph Heinrich Graf von Watzdorf ließ den Raum mit einer Holzvertäfelung ausstatten, in deren Füllungsfelder Tuschemalereien und kolorierte Holzschnitte aus China eingesetzt wurden.
Schlossherr Otto Friedrich III. Graf Vitzthum von Eckstädt widmete das Chinesische Zimmer vornehmlich seiner Leidenschaft, dem Sammeln von Meißner Porzellan. Zahlreiche hölzerne Konsolen (heute 119 Stück) mit Blütengirlanden aus Draht und einer bemalten, stuckartigen Masse trugen die kostbaren Sammelstücke.
Nach der umfassenden Restaurierung des Raumes durch spezialisierte Restauratoren entwickelte das Atelier Voigt nach Auswertung historischer Spuren die Schabracken und Vorhänge für die Fensterfront, die nach Abstimmung mit der Denkmalpflege durch eine Dresdner Firma gefertigt wurden. Jochen Voigt erstellte ein Konzept für die Möblierung sowie für die Neubestückung der historischen Konsolen, allesamt aus dem Bestand der Schenkung Brühl. Voigt wählte unter ca. 800 zur Verfügung stehenden Porzellanen und Keramiken die 119 für die Konsolen aus, darunter Vögel und andere Tierskulpturen. Das Atelier Voigt reinigte, platzierte und sicherte sämtliche Porzellane.
 

Die Bibliothek

Der Architekt Gustav Frölich konzipierte 1906 einen völlig neuen Saal mit gewölbter Stuckdecke, der den alten, doppelgeschossigen Bibliotheksraum ersetzte. Die wunderbare Aussicht in den weiträumigen Park und die Möglichkeit, durch eine Tür hinauszutreten, machten den Raum zum bevorzugten Aufenthaltsort der gräflichen Familie.
Zeitgenössische Beschreibungen der Bibliothek heben außer den Porzellanen die vielen Gemälde hervor, von denen sich nach 1945 alle Spuren verloren haben.
Mit der inneren Rekonstruktion des Schlosses brach auch für die Bibliothek ein neues Kapitel an, deren Neugestaltung komplett in den Händen von Jochen Voigt lag. Dem zukünftigen Zweck geschuldet – einen festlichen Rahmen für Hochzeiten und Veranstaltungen zu bilden – wurden dem mittigen Kaminspiegel zwei mit Stuck- und Schnitzornamenten verzierte Pfeilerspiegel aus der Zeit des Klassizismus zur Seite gegeben. Gemeinsam reflektieren sie das Licht der nach den Vorbildern im Chinesischen Zimmer rekonstruierten Deckenleuchter und verleihen dem Raum Großzügigkeit und Weite. In Erinnerung an die einstige reiche Ausstattung der Bibliothek finden heute mehrere Gemälde ihren Platz, die Voigt aus dem musealen Bestand der Augustusburg auswählte und dafür neue Rahmen nach historischen Vorbildern anfertigen ließ.

Einem einheitlichen Gestaltungskonzept folgend, wurden anlässlich der Rekonstruktion 2008 die im Schloss neu eingebrachten Möbel (außer Bestuhlung) von Jochen Voigt in zeitgemäßen Formen entworfen. Das trifft auch auf den neu geschaffenen Trautisch der Bibliothek mit polierter Platte aus grünem Stein, so genanntem „Bamboo verte“ (auf deutsch: „Grüner Bambus“) aus China zu. Das Metallgestell orientiert sich formal an chinesischen Tischen der Ming-Zeit. Moderne Leuchter wurden aus massivem Edelstahl gefertigt und mit Glasperlen gestrahlt.
 

Das Königszimmer

Hochgestellten Fürstlichkeiten, unter ihnen die sächsischen Könige Albert (1828–1902) und Friedrich August III. (1865–1932), bot das alte und später das neue Königszimmer eine komfortable, standesgerechte Unterkunft. Am 18. März 1761 weilte Friedrich der Große im Schloss, Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen besuchte 1772 und 1774 Lichtenwalde.
Überhaupt sahen die gastfreundlichen Mauern im Verlaufe der Jahrhunderte zahlreiche Besucher – vor allem Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Im Königszimmer wird deshalb an einige dieser Gäste erinnert, aber auch an den letzten Majoratsherren und Gastgeber Otto Friedrich III. Vitzthum von Eckstädt und dessen Frau Hedwig Sibylla.
Das Atelier Voigt konzipierte die gesamte Ausstattung und wählte dabei aus dem reichen Bestand der Schenkung Brühl aus. Für die Vorstellung historischer Personen wurden „Lesetische“ entwickelt, die an den Fenstern platziert sind und dadurch ohne zusätzliche Beleuchtung auskommen.
 

Die Schatzkammer

Nach der Sichtung und Ordnung tausender Objekte aus drei Schenkungen (Schenkung Nachlass Johanne Müller, Schenkung Georg Brühl, Schenkung Dr. Walter Frank) entwickelte Jochen Voigt ein Konzept für die Einrichtung einer Schatzkammer, in denen die wichtigsten oder aussagekräftigsten Objekte nach Themen geordnet in zeitgemäßer Inszenierung dargeboten werden.

1. Von China nach Europa –
Scherenschnitte aus fünf Jahrhunderten

Die Exposition gründete sich auf die Sammlung von Johanne Müller (1910-1992) aus Chemnitz, die seit den 1950er Jahren mit der Erforschung der Geschichte des Scherenschnittes beschäftigt war.
Aktualisierung: Die Geschäftsführung der Schlossbetriebe realisierte 2021 den Abriss der gesamten Ausstellung. Sämtliche Papierarbeiten werden seitdem nicht mehr gezeigt. Das Vermächtnis von Johanne Müller ist in Archivkisten verschwunden.

2. Mythos Ostasien – Kostbarkeiten aus China und Japan

Die umfangreiche Sammlung des Schenkers Georg Brühl aus Chemnitz bildet die Grundlage für Jochen Voigts Inszenierung, die den größten Bereich der Schatzkammer ausmacht. Nach Materialgruppen (z.B. ostasiatischer Lack, Porzellane, Keramiken, Bronzen, Jade und Speckstein, Metall, Tusche, Textil etc.) geordnet entstanden insgesamt zwölf Räume.

3. Zwischen den Welten – Ahnenkult und Geisterglaube in Westafrika

Der Ethnologe Dr. Walter Frank übereignete dem Freistaat Sachsen seine reiche Sammlung von Kunstwerken und Gegenständen des Alltags, die er aus Westafrika mitgebracht hatte. In sieben Räumen inszenierte Jochen Voigt ausgewählte Stücke.
Aktualisierung: Die Geschäftsführung der Schlossbetriebe realisierte 2022 den Abriss der gesamten Ausstellung samt ihren erst 2010 angeschafften Großvitrinen aus entspiegeltem Glas mit Glasfaserbeleuchtung.

4. Den Göttern ganz nah – Alltag und Religion im Himalaya

Ebenfalls von Dr. Walter Frank stammen die zahlreichen Objekte aus Tibet und Nepal, für die Jochen Voigt im 3. Obergeschoss ganz neue Räume konzipierte. Vor tiefblauen Hintergründen reihen sich Kostbarkeiten der Himalaya-Region. Wie für alle Bereiche koordinierte das Atelier Voigt auch die Restaurierung zahlreicher Kunstwerke. Insgesamt waren neun spezialisierte Restauratoren für die Schatzkammer tätig.


Abbildungen (von oben nach unten)

Am Rechner wurden die Wandabwicklungen aller 35 Ausstellungsräume lange vor dem Beginn der Baumaßnahmen entwickelt.

Um die anhand von Mustervitrinen und 1:1-Schablonen  ermittelten Vitrineninhalte und Aufbauanordnungen abrufbar zu machen, wurden Visualisierungen im Rechner angelegt. Bereits zwei Jahre vor Beginn des Museumsaufbaus waren die zwölf Drehbücher fertig.

Originale Blau-Weiß-Vitrine nach erfolgtem Einräumen.

Im Roten Salon werden die Gemälde der Brühl-Sammlung platziert.

Fertig bestückte Paneelwand im Chinesischen Zimmer. Zustand 2009.

Für den Bibliothekssaal wurde ein Trautisch entworfen und gefertigt sowie eine moderne Bestuhlung platziert.

Technische Entwurfszeichnungen dienten den Handwerksbetrieben als Richtschnur.

Großer Leuchter aus lasergeschweißtem Edelstahl für den Bibliothekssaal.

Blick in den Keramik-Raum der Ausstellung „Mythos Ostasien“.

Blick in den Raum mit Grabkeramiken in der Ausstellung „Zwischen den Welten“.

Blick in eine Ausstellungsvitrine im Ausstellungsbereich „Den Göttern ganz nah“.